Henry Head (1861–1940) und seine Bedeutung für die Neurologie

Henry Head ist vielen Neurolog*innen heute vor allem als Namensgeber der Head-Zonen bekannt. Das Konzept, das heute mehr in der Physiologie als in der inneren Medizin bzw. Psychosomatik gelehrt wird, wurde von Head aber höchstwahrscheinlich anders verstanden. Zudem kann als gesichert gelten, dass di...

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Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Nervenarzt 2023-10, Vol.95 (2), p.162-168
Hauptverfasser: Rheinländer, Andreas, Weih, Markus
Format: Artikel
Sprache:eng
Schlagworte:
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Beschreibung
Zusammenfassung:Henry Head ist vielen Neurolog*innen heute vor allem als Namensgeber der Head-Zonen bekannt. Das Konzept, das heute mehr in der Physiologie als in der inneren Medizin bzw. Psychosomatik gelehrt wird, wurde von Head aber höchstwahrscheinlich anders verstanden. Zudem kann als gesichert gelten, dass die Zeichnungen der Head-Zonen nicht von ihm stammen. Aus neurologischer Sicht ist Head heute aus zweierlei Hinsicht wichtig: Sein Selbstexperiment zur Läsion und Regeneration eines peripheren Nervs von 1909 war heroisch. Es hat Generationen von Neurolog*innen geholfen, die Pathophysiologie besser zu verstehen und damit die Prognose peripherer Nervenverletzungen besser einschätzen zu können. Der zweite Beitrag Heads betrifft die radikuläre Organisation auf Rückenmarksebene. Die spezielle Pathophysiologie der Herpes-zoster-Radikulitis erlaubte es ihm, auf der Basis von Vorarbeiten, um 1900 das Konzept des Dermatoms zu entwickeln. Henry Heads Beitrag bestand darin, die Literatur zusammenzutragen und durch eigene Fälle zu ergänzen. Da er zu dieser Zeit der bedeutendste Neurologe zumindest in der englischsprechenden Welt und mit der deutschen Neurologie gut vernetzt war, verbreiteten sich seine Dermatomkarten vermutlich besser als bis dahin bekannte Abbildungen. Weniger erfolgreich war Head aus heutiger Sicht in der Neuropsychologie bzw. mit holistischen Konzepten zu höheren kognitiven Funktionen. Sein Spätwerk zur Aphasie gilt heute als widerlegt. Heads Kritik an der strikten Lokalisation entsprach dabei dem Zeitgeist des beginnenden 20. Jahrhunderts. Dass die klassischen Beispiele Broca- und Wernicke-Aphasie tatsächlich nicht so leicht zu trennen sind, beruhte jedoch mehr auf der Leistung von Generationen von Neurolog*innen und Neuropsycholog*innen folgender Generationen sowie technischen Fortschritten.
ISSN:0028-2804
1433-0407
DOI:10.1007/s00115-023-01556-7