Justice revolutions

Die dritte Gewalt ist "la bouche de la loi", also "en quelque façon nulle"1. Andererseits: "The prophecies of what the courts will do in fact, and nothing more pretentious, are what I mean by the law."2 Derselbe Sachverhalt - Gerichte entscheiden aufgrund der Gesetzeslage - erlaubt zwei grundverschiedene Gewichtungen.3 In diesem Spannungsfeld bewegt sich auch die Deutung von Verfassungsrechtsprechung. Hier kommt hinzu, dass Erkenntnisse von Verfassungsgerichten regelmäßig im normalen Gesetzgebungsverfahren nicht korrigiert werden können. Verfassungsrechtsprechung sieht sich deshalb leicht dem Vorwurf ausgesetzt, revolutionär zu sein. Das gilt mehr oder minder für alle Verfassungsgerichte, besonders aber für den EuGH. Gelegentlich mag der Vorwurf auch gerechtfertigt sein. Das macht es wünschenswert, Kriterien dafür zu entwickeln, wann eine verfassungsgerichtliche Entscheidung als revolutionär angesehen werden kann. Das soll in diesem Beitrag in Auseinandersetzung mit der einschlägigen Literatur geschehen. Im Folgenden werden demgemäß zunächst der Oberbegriff der Revolution im Rechtssinne, dann der Begriff der Justizrevolution entwickelt. Im Anschluss daran werden ausgewählte verfassungsgerichtliche Entscheidungen unter dem Gesichtspunkt erörtert, ob sie Justizrevolutionen darstellen. Abschließend werden Überlegungen dazu angestellt, wann eine Justizrevolution vollendet, also durchgesetzt wird.