Mentalisieren und Fremdenfeindlichkeit – eine Pilotstudie

Mit ihrer Ausrichtung auf Evidenzbasierung und Intersubjektivität hat die Gegenwartspsychoanalyse wichtige Entwicklungsschritte vollzogen. Allerdings ging dabei weitestgehend ihr gesellschaftskritisches Potenzial verloren. Spätestens die rapide Zunahme von Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit im g...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Forum der Psychoanalyse 2018-09, Vol.34 (3), p.313-328
Hauptverfasser: Brauner, Felix, Goos, Carina, Merz, Johannes, Theisges, Lisa
Format: Artikel
Sprache:ger
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Beschreibung
Zusammenfassung:Mit ihrer Ausrichtung auf Evidenzbasierung und Intersubjektivität hat die Gegenwartspsychoanalyse wichtige Entwicklungsschritte vollzogen. Allerdings ging dabei weitestgehend ihr gesellschaftskritisches Potenzial verloren. Spätestens die rapide Zunahme von Nationalismus und Fremdenfeindlichkeit im gesellschaftlichen Diskurs verdeutlicht die Notwendigkeit einer Rückbesinnung auf dieses Potenzial. In dieser Hinsicht wurde an der Universität Kassel an einer heterogenen Stichprobe (n = 140) eine studentische Pilotstudie durchgeführt, die Fremdenfeindlichkeit mittels Rückgriff auf die psychoanalytische Mentalisierungstheorie untersucht. Sozialpsychologische Studien zum Einfluss von Empathie und Bindung lassen eine Reduzierung von Fremdenfeindlichkeit durch Mentalisierungsfähigkeiten vermuten. Damit einhergehend zeigte sich in der Pilotstudie ein negativer Zusammenhang zwischen Mentalisierungsinteresse und Fremdenfeindlichkeit mit starkem Effekt (r = −0,32, p < 0,001). In einem multiplen, linearen Regressionsmodell sagte Mentalisierungsinteresse (bzw. dessen Fehlen) signifikant Fremdenfeindlichkeit vorher, auch über die Effekte von autoritärem Nationalismus und gruppenbezogener relativer Deprivation hinaus (b = −0,196, t = −3,18, p = 0,002). Ausgehend von diesen Ergebnissen werden abschließend mögliche Implikationen für zukünftige Forschungsprojekte und für die Prävention von Fremdenfeindlichkeit durch ein besseres Verständnis mittels psychoanalytischer Konzepte diskutiert.
ISSN:0178-7667
1437-0751
DOI:10.1007/s00451-018-0307-1