Zeitgemäße Historie um 1870. Zu Nietzsche, Burckhardt und zum "Historismus"
Die vierteilige Gliederung des Aufsatzes wird am Anfang skizziert. Es geht um Erläuterungen des Befundes, daß Nietzsches Schrift "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" bei ihrer Veröffentlichung 1874 kaum Anklang fand. Erst seit der Jahrhundertwende begriff man sie in den Kri...
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Veröffentlicht in: | Historische Zeitschrift 2005-08, Vol.281 (1), p.33-58 |
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1. Verfasser: | |
Format: | Artikel |
Sprache: | ger |
Online-Zugang: | Volltext |
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Zusammenfassung: | Die vierteilige Gliederung des Aufsatzes wird am Anfang skizziert. Es geht um Erläuterungen des Befundes, daß Nietzsches Schrift "Vom Nutzen und Nachteil der Historie für das Leben" bei ihrer Veröffentlichung 1874 kaum Anklang fand. Erst seit der Jahrhundertwende begriff man sie in den Krisen des Historismus als "aktuell" oder "prophetisch". Wenn man sich die wissenschaftliche Stellung und die auf die gegenwärtige nationale Politik gerichtete Tendenz der deutschen Historiker in den Jahrzehnten vor 1870 verdeutlicht, so läßt sich sagen, daß Nietzsche sie kaum kannte und ihren Lebensbezug ignorierte. Er griff nur allgemein Verwissenschaftlichung, Fortschrittsideologie und Erfolgsanbetung an und lehnte zunächst deutlicher die liberale als die nationale Richtung der Historiker ab. Durch die Begegnung mit Jacob Burckhardt und Franz Overbeck in Basel distanzierte er sich aber auch von Preußen-Deutschland und den Folgen der Reichseinigung. Richard Wagners Kunstmythos erschien ihm (vorübergehend) als einzig denkbare Grundlage für eine fehlende, von ihm ersehnte neue deutsche Einheitskultur. In Analogie hierzu suchte er das Wesen der griechischen Kultur zu erfassen. Das tat er im Wettstreit mit Burckhardts Vorlesungen zur griechischen Kulturgeschichte, scheiterte dabei und litt um so mehr am "historischen Sinn". In seiner Schrift unterschied er drei Arten lebensdienlicher und lebensgefährdender Historie, von denen die "kritische", die er erst spät hinzufügte, als besonders ungewöhnlich gelten kann. Im letzten Teil des vorliegenden Aufsatzes wird auf die Historismus-Krisen in verschiedenen Kulturwissenschaften seit der Jahrhundertwende hingewiesen, sowie auf die neue, spezifische Bedeutung von Nietzsches "kritischer Historie" für die deutsche Geschichtswissenschaft seit 1945. |
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ISSN: | 0018-2613 |