In einem Rutsch lesen …” Oder: Inwiefern sind Kundenrezensionen ein Mittel zur Demokratisierung der literarischen Kritik?

In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, inwiefern Kunden- oder Laienrezensionen zu sprachlichen Kunstwerken wie etwa zeitgenössischen Romanen sich von denjenigen unterscheiden, die aus der Feder von Experten stammen. Einleitend wird u.a. auf Veränderungen im Literaturbetrieb und den vermeintl...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Neuphilologische Mitteilungen 2018-01, Vol.119 (2), p.351-370
1. Verfasser: Schmitz, Dieter Hermann
Format: Artikel
Sprache:fre ; ger
Schlagworte:
Online-Zugang:Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:In diesem Beitrag wird der Frage nachgegangen, inwiefern Kunden- oder Laienrezensionen zu sprachlichen Kunstwerken wie etwa zeitgenössischen Romanen sich von denjenigen unterscheiden, die aus der Feder von Experten stammen. Einleitend wird u.a. auf Veränderungen im Literaturbetrieb und den vermeintlichen Statusverlust professioneller Kritiker eingegangen. Die Partizipation einzelner Leser ist heute insbesondere durch technische Neuerungen einfacher geworden, zu denken ist hier an Online-Plattformen mit unkomplizierter Möglichkeit zur Stellungnahme und Mitbewertung. Im Folgenden wird die Textsorte Rezension weniger (intensional) definiert als vielmehr mit ähnlichen oder synonymen Bezeichnungen abgeglichen und kurz auf den allgemeinen Sprachgebrauch eingegangen. Um den Experten vom Laien zu scheiden, wird zunächst der Distributionskanal als ein wichtiges Kriterium der Unterscheidung ausgemacht: Ein Experte ist idealtypisch jemand, der für das Feuilleton einer großen Zeitung schreibt und seine Artikel mit Namen zeichnet, ein Laie ist idealtypisch jemand, der ein Internetportal wie das des Online-Händlers Amazon nutzt und sich für gewöhnlich hinter einem Nutzernamen verbirgt. Als Material für genauere Erörterungen wurden Rezensionen auf Amazon.de zu zwei finnischen Erfolgsromanen in deutscher Übersetzung verwendet. Diese insgesamt knapp hundertzwanzig Kurztexte wurden daraufhin untersucht, welche Themen oder Besonderheiten angesprochen werden, die im gehobenen Feuilleton üblicherweise nicht zu erwarten wären. In der Analyse zeigte sich, dass der Laie zum Beispiel auch Kaufmotivation und -situation beschreibt oder die Art und Schnelligkeit des Lesevorgangs bespricht. Ein sprachliches Kunstwerk wie ein Roman wird eher als konkreter Gebrauchsgegenstand gesehen, der konsumiert und unter utilitaristischen Gesichtspunkten bewertet wird, während ein Experte tendenziell eher das Kunstwerk erkennt und auf seinen gesellschaftlichen Stellenwert befragt.
ISSN:0028-3754