Entkriminalisierung durch Auflösung des Strafrechts. Zur Revision des Schweizer Ordnungsbussengesetzes
Das Ordnungsbussengesetz der Schweiz sieht ein vereinfachtes Verfahren für die Verfolgung von Übertretungen im Bereich des Strassenverkehrsrechts vor. Seit 2013 findet das vereinfachte Verfahren, aus welchem als Sanktion die Zahlung einer Ordnungsbusse resultiert, auch im Bereich des Betäubungsmitte...
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Veröffentlicht in: | Neue Kriminalpolitik 2018-10, Vol.30 (3), p.268-280 |
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1. Verfasser: | |
Format: | Artikel |
Sprache: | eng ; ger |
Schlagworte: | |
Online-Zugang: | Volltext |
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Zusammenfassung: | Das Ordnungsbussengesetz der Schweiz sieht ein vereinfachtes Verfahren für die Verfolgung von Übertretungen im Bereich des Strassenverkehrsrechts vor. Seit 2013 findet das vereinfachte Verfahren, aus welchem als Sanktion die Zahlung einer Ordnungsbusse resultiert, auch im Bereich des Betäubungsmittelstrafrechts Anwendung. Der Entwurf zur Revision des Ordnungsbussengesetzes sieht nun vor, dieses polizeiliche Verfahren zur Ahndung von Bagatellkriminalität künftig auf weitere Deliktsbereiche anzuwenden, die bisher auf der Grundlage der Strafprozessordnung verfolgt werden. Diese Form der Entkriminalisierung führt einerseits zu einer Entlastung der Strafbehörden und der beschuldigten Person, andererseits wird der Ordnungsbusse aber immer häufiger ihr Strafcharakter abgesprochen, womit eine problematische Verkürzung von Verfahrensrechten einhergeht. Diese Herauslösung von sanktioniertem Verhalten aus dem Bereich des «echten Strafrechts» zu Lasten wichtiger Verfahrensgarantien ist insbesondere auch im Verwaltungsstrafrecht zu beobachten, wo das nemo tenetur-Prinzip in Auflösung begriffen ist.
The federal law on regulatory fines (org.: «Ordnungsbussengesetz») provides a simplified procedure for the prosecution of contraventions against the federal road traffic act. Since 2013, the simplified procedure, which may result in the payment of a fine, also applies on contraventions against the federal act on narcotics and psychotropic substances. The latest bill of the federal law on regulatory fines extends the application of this police procedure to charge petty criminals even further, onto areas in which offenders currently are prosecuted under the Swiss criminal procedure code. On the one hand, this form of decriminalization leads to a relief of both the law enforcement agencies and the accused, on the other hand the regulatory fine is more and more denied its penal character, accompanying a problematic reduction of procedural rights. This detachment of sanctioned behavior from the area of “real criminal law” at the expense of important procedural safeguards can also be witnessed in administrative criminal law in particular, where the principle of “nemo tenetur” is on the point of annulment. |
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ISSN: | 0934-9200 |
DOI: | 10.5771/0934-9200-2018-3-268 |