Personifizierte Verführung : Analyse und Interpretation der Hure Babylon

Liest man die Offb unter dem Fokus der Frau, so wird sichtbar, dass sich bis auf einige Ausnahmen das Vorkommen von Weiblichkeit auf drei große Frauenfiguren einschränken lässt. Bei diesen drei Frauenbildern handelt es sich um drei existenzielle und archetypische Rollen - Gebärende, Hure und Braut. Die Figur der Hure Babylon, mit der sich diese schriftliche Arbeit beschäftigt, ihre bildhafte und luxuriöse Darstellung von Scharlach, Purpur, Gold und Edelsteinen, mit dem goldenen Becher in der Hand, voll Gräuel und voll von Dingen ihrer Unzucht, die sogenannte personifizierte Verführung, ist von außergewöhnlicher Bedeutung. Sie ist der bildhafte Schlüssel zum Verständnis der Botschaft, die der Seher der Offb verbreiten will. Eine der wichtigsten Entwicklungen unserer Zeit in Bezug auf die narratologische Theoriebildung zur Analyse von Texten im Allgemeinen und in diesem konkreten Fall zur Analyse neutestamentlicher Texte ist die Charakterisierung von Figuren. Die Bedeutung, wen oder was diese Frauenfigur symbolisieren soll, wird mittels der indirekten Charakterisierung entschlüsselt. Erst durch die nähere Betrachtung der äußeren Attribute, wie beispielsweise Aussehen, Körperschmuck, Haartracht, Geschlecht, Kleidung etc, eröffnet sich eine immense Tiefe dieser Figur und das Betrachten der Macht und Widersprüche, die diese Frau verkörpert, wird ermöglicht. Trotz der großen Bedeutung, die diese Figur in Text, Kunst und Musik im Verlauf der Geschichte einnimmt, haben sich Forscherinnen und Forscher bis heute nicht darauf geeinigt, ob die Hure Babylon als Sinnbild für die Macht Roms gesehen werden kann und sich somit die Deutung der Offb auf die zu jener Zeit bedrängten Gemeinden beschränkt, oder ob die Bedeutung darüber noch (weit) hinausgeht. Somit stellt sich die Frage: Hat die große Hure Babylon, die an den Gewässern sitzt und auf dem scharlachroten Tier mit sieben Köpfen und zehn Hörnern reitet, Universalcharakter und Relevanz für heute? The last book of the bible "The Revelation of John" has never lost its explosiveness. There-fore, this work takes a closer look on one of the three big women figures of John?s apocalypse and its relevance for today. All three women have existential and archetypical roles. The par-turient stands for new live and birth, the whore is the centre of sexuality as well as unclean-ness and the bride is the symbol of love, relation and purity. This study concentrates on the whore of Babylon, whose is picturesquely and luxuriously ill