Zwischen Verdüsterung und Verklärung: Eingabenanalysen des Ministeriums für Gesundheitswesen (MfG) der DDR als Quelle zur Beschreibung von Problemschwerpunkten und Bewältigungsstrategien im DDR-Gesundheitswesen
Aufgrund des hohen politischen Stellenwerts widmete die DDR ihrem Gesundheitswesen besondere Aufmerksamkeit. Über die vom Ministerium für Gesundheitswesen vorgenommenen Analysen von Bürgereingaben zum Gesundheitswesen (Beschwerden, Hinweise etc.) ist ein Überblick darüber zu gewinnen, welche Kritike...
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Veröffentlicht in: | Medizinhistorisches Journal 2016-12, Vol.51 (4), p.327-363 |
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1. Verfasser: | |
Format: | Artikel |
Sprache: | ger |
Schlagworte: | |
Online-Zugang: | Volltext |
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Zusammenfassung: | Aufgrund des hohen politischen Stellenwerts widmete die DDR ihrem Gesundheitswesen besondere Aufmerksamkeit. Über die vom Ministerium für Gesundheitswesen vorgenommenen Analysen von Bürgereingaben zum Gesundheitswesen (Beschwerden, Hinweise etc.) ist ein Überblick darüber zu gewinnen, welche Kritiken und Erwartungen in diesem Bereich schwerpunktmäßig an die „DDR-Oberen“ herangetragen wurden. Sie stellen eine umfassende und aussagekräftige Quelle dar, um die Situation im DDR-Gesundheitswesen, individuelle und gesellschaftliche Werte sowie behördliche Reaktionen und Strategien zur Problembewältigung zu erfassen. Überraschenderweise rangierten Beschwerden über materielle Mängel fast gleichrangig neben Kritiken am Verhalten des medizinischen Personals gegenüber Patienten. Mit Hilfe eines aufwendigen Auswertungssystems fungierten die Eingaben einerseits als „basisdemokratisches“ Mitspracheinstrument der Bürger, das die Regierenden zu kritischen Selbstreflexionen anregte und deren Wahrnehmung und Handeln beeinflusste. Andererseits vereinzelten sie jedoch die Kritik am Gesundheitssystem und bewirkten in der Regel lediglich Detailkorrekturen.
Due to its outstanding political significance the GDR dedicated extraordinary attention to their health care system. By the help of analyses of petitions (complaints and hints) of the citizens conducted by the Ministry of Health of the GDR it is possible to gain a survey about the critiques and expectations in this field that were submitted to the GDR authorities. They form a comprehensive and significant source for the understanding of the GDR health care system, individual and social values as well as institutional reactions and strategies to handle problems. Surprisingly, critiques about the behaviour of the medical staff ranked almost equally to complaints about material deficits. Based on an elaborate system of evaluation these petitions served as an instrument of citizens of “direct democracy” that caused critical reflection of the government and influenced its perception and action. On the other hand the critique concerning the health care system individualized the protests, prevented a collective movement and generally only caused corrections of details. |
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ISSN: | 0025-8431 1611-4477 |