Disziplinierung und Regulierung widerständiger Körper: zum Wechselverhältnis von Disziplinarmacht und Biomacht
"In der Medizin zeigt sich nach Foucault eine Verknüpfung zweier Machtpraktiken, wobei die eine auf den individuellen, die andere auf den kollektiven Körper gerichtet ist. Während die erste disziplinierend, den individuellen Körper zu einem produktiven Körper umformt, richtet sich die Biomacht...
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Format: | Tagungsbericht |
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Zusammenfassung: | "In der Medizin zeigt sich nach Foucault eine Verknüpfung zweier Machtpraktiken, wobei die eine auf den individuellen, die andere auf den kollektiven Körper gerichtet ist. Während die erste disziplinierend, den individuellen Körper zu einem produktiven Körper umformt, richtet sich die Biomacht auf die bevölkerungspolitische Regulierung. Beide Formen der Macht (Disziplinar- und Biomacht) stehen dabei in einem gegenseitigen Bedingungsverhältnis. Dieses Wechselverhältnis soll am Fallbeispiel des epileptischen Körpers im 20. Jahrhundert genauer untersucht, dargestellt und erläutert werden. Das Beispiel Epilepsie ist dabei als Fall insofern besonders interessant, als dass sich hier grundlegende Formen und Effekte der Disziplinar- und Biomacht zeigen. So erscheint Anfang des 20. Jahrhunderts im medizinischen Diskurs der epileptische Körper als Widerstandsform gegen die Disziplinierung des Körpers, bei der die 'Seele' als der zentrale Schlüssel zum Gefängnis des Körpers, insbesondere im Akt des Anfalls nicht ansprechbar ist (z.B. im psychoanalytischen Diskurs). Darüber hinaus versagen die medizinischen Praktiken bei der Kontrolle des Anfallsgeschehens und leisten bei der weiteren Generierung von Abweichung durch psychopharmakologische Nebenwirkungen einen ähnlichen Dienst wie das Gefängnis bei der Vernetzung des Verbrechens (s. Foucault: Überwachen und Strafen). Die biopolitische Folge ist ein weitgehender Ausschluss des Epileptikers aus zentralen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens (z.B. der Arbeitswelt). Im Nationalsozialismus mit seiner besonderen Form der biopolitischen Regulierung zeigt sich die extremste Variante der Biomacht in Form des - wie Foucault es nennt - modernen Rassismus, der auf die Vernichtung der Abweichenden abzielt. Mit der Entwicklung neuerer therapeutischer Eingriffsmöglichkeiten insbesondere ab Mitte des 20. Jahrhunderts beginnt dann schrittweise eine Normalisierung des Phänomens mit einer Zurückdrängung bzw. Individualisierung biopolitischer Regulationen. Als eine besondere Form des disziplinären Zugriffs auf den epileptischen Körper muss dabei die so genannte Methode der Selbstkontrolle gesehen werden, bei der mittels einer Biofeedback-Methode es zur Konditionierung bestimmter Hirnareale mit dem Ziel der Unterbindung epilepsiespezifischer Wellenpotentiale kommt. Im Rahmen des Wechselverhältnisses zwischen Biomacht und Disziplinarmacht lassen sich zwei große Linien am Fallbeispiel verdeutlichen. Erstens: Eine erfolglose medizinische |
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