Cannabis als Medizin, Aura und Valebo: Eine neue Sicht auf Selbstmedikation und ärztliche Begleitung bei chronischen Erkrankungen
Zusammenfassung Hintergrund: Erfahrungsmedizinisch bekannt ist, dass Patienten und Ärzte positive Erfahrungen mit nur wenig erforschten und nicht zugelassenen Interventionen machen können. Dabei gehen Wirkungen unter bestimmten Umständen über den Placeboeffekt hinaus. Methode: Ausgehend von Kasuisti...
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Veröffentlicht in: | MMW Fortschritte der Medizin 2022-04, Vol.164 (Suppl 6), p.29-34 |
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Hauptverfasser: | , |
Format: | Artikel |
Sprache: | ger |
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Online-Zugang: | Volltext |
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Hintergrund:
Erfahrungsmedizinisch bekannt ist, dass Patienten und Ärzte positive Erfahrungen mit nur wenig erforschten und nicht zugelassenen Interventionen machen können. Dabei gehen Wirkungen unter bestimmten Umständen über den Placeboeffekt hinaus.
Methode:
Ausgehend von Kasuistiken chronischer Schmerzpatienten wird der Frage nachgegangen, ob durch Selbstmedikation im Kontext einer vertrauensvollen Arzt-Patienten-Beziehung die Wirksamkeit von Cannabinoiden optimiert werden kann und sich Dosis sowie unerwünschte Nebenwirkungen reduzieren lassen. Am Beispiel von Medizinalcannabis wird eine neue Sicht auf Selbstmedikation und ärztliche Begleitung vorgeschlagen.
Ergebnisse:
Die Erfahrungen aus den Kasuistiken zeigen, dass sich der tägliche Bedarf (durchschnittlich ca. 75 mg) an Tetrahydrocannabinol(THC)-Dosen reduzieren lässt. Eine unbegleitete und risikoreiche Selbstmedikation kann in eine effektive Therapie mit deutlich weniger Medizinalcannabis transformiert werden. Die Vorgehensweise besteht darin, die bis dato stattgefundene Selbstmedikation nachzuvollziehen und den Patienten dort abzuholen, wo er selber für sich etwas "entdeckt" hat. Erklären lässt sich die spezifische Wirkweise von Cannabis bei chronischen Erkrankungen über die Mechanismen im Endocannabinoidsystem. Cannabinoide entlasten Patienten im Kontext von Stress, Angst und Depression, die bei chronischen Erkrankungen immer beteiligt sind. In ihrem körperlichen sowie psychischen Empfinden werden Patienten gestärkt und schließlich in die Selbstwirksamkeit geführt.
Schlussfolgerungen:
Hat der Patient "Cannabis als Medizin" selbst für sich "entdeckt" und kann auf positive Erfahrungen zurückgreifen, so kann etwas sehr Wirkmächtiges entstehen. Neben den spezifischen Effekten, die durch Studien nachgewiesen werden, wirken unspezifische Effekte bzw. Kontextfaktoren, die in der evidenzbasierten Medizin eher vernachlässigt werden. Zu diesen unspezifischen Effekten gehören vor allem solche Faktoren, durch die ein Patient einem Wirkmittel eine (subjektive) Bedeutung gibt. Eine neue Sicht auf Selbstmedikation und ärztliche Begleitung bei chronischen Erkrankungen ist erforderlich.
Schlüsselwörter:
Cannabinoide, Selbstmedikation, Endocannabinoidsystem, Placeboanalgesie, Valebo
Eingereicht am 12.8.2021 - Revision akzeptiert am 17.1.2022 |
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ISSN: | 1438-3276 1613-3560 |
DOI: | 10.1007/s15006-022-0768-4 |