Rechtsmedizinische Leichenfundortuntersuchung mit Leichenschau: Eine retrospektive Analyse aus dem Institut für Rechtsmedizin Gießen (2005–2014)

Zusammenfassung Hintergrund Die Leichenfundortuntersuchung mit rechtsmedizinischer Leichenschau im Vorfeld der Obduktion kann für deren Planung hilfreich sein. Häufigkeit, Umfang und Art der dokumentierten Leichenfundortuntersuchung mit Leichenschau unterliegen interindividuellen und interinstitutio...

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Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Rechtsmedizin (Berlin, Germany) Germany), 2023-06, Vol.33 (3), p.188-197
Hauptverfasser: Haberer, B., Dettmeyer, R., Birngruber, C. G.
Format: Artikel
Sprache:ger
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Beschreibung
Zusammenfassung:Zusammenfassung Hintergrund Die Leichenfundortuntersuchung mit rechtsmedizinischer Leichenschau im Vorfeld der Obduktion kann für deren Planung hilfreich sein. Häufigkeit, Umfang und Art der dokumentierten Leichenfundortuntersuchung mit Leichenschau unterliegen interindividuellen und interinstitutionellen Einflüssen. Eine wissenschaftliche Untersuchung rechtsmedizinischer Leichenfundortuntersuchungen und eine systematische Standardisierung gibt es bisher nicht. Material und Methoden Insgesamt 3622 Akten aus dem Archiv des Instituts für Rechtsmedizin der Justus-Liebig-Universität Gießen aus den Jahren 2005–2014 wurden gesichtet. 121 Fälle mit einer Leichenfundortuntersuchung mit Leichenschau durch eine/n Rechtsmediziner/in vor Ort wurden ausgewertet. Ergebnisse Die Leichenfundortuntersuchungen, einschließlich Dokumentation der Befunde, wurden während des 10-jährigen Untersuchungszeitraums unterschiedlich gehandhabt. Es zeigte sich eine Zunahme an Leichenfundortuntersuchungen um rund 380 % vom ersten zum letzten Untersuchungsjahr. Der Anteil an Tötungsdelikten bei den Leichenfundortuntersuchungen betrug 46 %. In 63 % aller Fälle fanden sich Dokumentationslücken, die im Verlauf des Untersuchungszeitraums und mit der häufigeren Anfertigung von Leichenfundortuntersuchungsberichten deutlich abnahmen. Bei der Dokumentation von Verletzungsmustern sank der Anteil an unvollständigen Daten von 89 % auf 11 %, bei den Temperaturmessungen am Leichenfundort von 73 % auf 27 %. Exklusiv am Leichenfundort erhebbare dokumentierte Zusatzinformationen fanden sich im Sinne von Blutspurenverteilungsmustern (48 %) und Hinweisen auf mögliche Tatwerkzeuge (57 %). Schlussfolgerungen Die rechtsmedizinische Leichenfundortuntersuchung mit Leichenschau wurde zunehmend häufiger durchgeführt. Die Untersuchung des Leichnams vor Ort und die Inaugenscheinnahme der Umgebung liefern Informationen, die über die alleinige autoptische Befunderhebung hinausgehen und eine wertvolle Grundlage für die Einordung von Obduktionsbefunden und für rekonstruktive Überlegungen zu Tatgeschehen darstellen. Um die Qualität der Befunderhebungen am Leichenfundort und die Qualität der zugehörigen Dokumentation zu verbessern, ist eine standardisierte Leichenfundortuntersuchung mit Leichenschau und Dokumentation anzustreben.
ISSN:0937-9819
1434-5196
DOI:10.1007/s00194-022-00608-7