Neurowissenschaftler am Kaiser-Wilhelm-Institut für Hirnforschung im „Dritten Reich“: Oskar Vogt – Hugo Spatz – Wilhelm Tönnis
Zusammenfassung Das Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Hirnforschung in Berlin-Buch war zwischen 1939 und 1945 insofern in die „Euthanasie“-Aktionen eingebunden, als dort Gehirne ermordeter Patienten im Sinn einer „Begleitforschung“ seziert und so wissenschaftliche Erkenntnisse generiert wurden. Dahe...
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Veröffentlicht in: | Nervenarzt 2020-02, Vol.91 (Suppl 1), p.89-99 |
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Hauptverfasser: | , , |
Format: | Artikel |
Sprache: | ger |
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Das Kaiser-Wilhelm-Institut (KWI) für Hirnforschung in Berlin-Buch war zwischen 1939 und 1945 insofern in die „Euthanasie“-Aktionen eingebunden, als dort Gehirne ermordeter Patienten im Sinn einer „Begleitforschung“ seziert und so wissenschaftliche Erkenntnisse generiert wurden. Daher stehen diese Institution und ihre Vorgeschichte seit längerem im Fokus wissenschaftshistorischer Untersuchungen. Für den Neuroanatomen Oskar Vogt (1870–1959), Direktor des KWI bis 1937, und seine Frau Cécile (1875–1962) – beide 1952 zu Ehrenmitgliedern der Deutschen Gesellschaft für Neurologie (DGN) ernannt – standen die Mikrostruktur und Hirnarchitektur von gesunden bzw. „Elite“-Gehirnen im Vordergrund. Vogts Nachfolger Hugo Spatz (1888–1969) verlagerte die Forschungsaktivitäten in Richtung ZNS-Pathologie und bezog psychiatrische und militärische Institutionen in das Institutsnetzwerk ein. Spatz war seit 1938 Parteimitglied, als Vorgesetzter für die Sektionen Ermordeter durch Julius Hallervorden mit verantwortlich und versuchte sein Handeln nach dem Krieg zu rechtfertigen. Lange nach Aufdeckung dieser Zusammenhänge entschloss sich die DGN 1998, den Hugo-Spatz-Preis umzubenennen. Wilhelm Tönnis (1898–1978), der deutsche Pionier der Neurochirurgie, war seit 1933 Mitglied des Nationalsozialistischen Fliegerkorps, seit 1937 der NSDAP und seit 1938 des NS-Ärztebundes. Während des Krieges mit zahlreichen Aufgaben in der militärischen Verwundetenfürsorge befasst, versuchte er nach Kriegsende, seine Zugehörigkeit zu NS-Gliederungen herunterzuspielen. Nach Abschluss der Entnazifizierung setzte er seine Karriere erfolgreich in der jungen Bundesrepublik fort. Zwei Jahre vor seinem Tod wurde er 1976 Ehrenmitglied der DGN. |
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ISSN: | 0028-2804 1433-0407 |
DOI: | 10.1007/s00115-019-00847-2 |