Ein Vitamin mit zwei Gesichtern: Folsäure – Prävention oder Promotion von Dickdarmkrebs?

Zusammenfassung In den 1930er-Jahren wurde beobachtet, dass bestimmte Formen der megaloblastischen Anämie in der Schwangerschaft mit Leber- und Hefeextrakten behandelt werden können. Der dafür verantwortliche Faktor wurde in den 1940er-Jahren aus Spinatblättern isoliert und in Anlehnung an das latei...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Bundesgesundheitsblatt, Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz Gesundheitsforschung, Gesundheitsschutz, 2017-03, Vol.60 (3), p.332-340
Hauptverfasser: Weißenborn, Anke, Ehlers, Anke, Hirsch-Ernst, Karen-I., Lampen, Alfonso, Niemann, Birgit
Format: Artikel
Sprache:ger
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Beschreibung
Zusammenfassung:Zusammenfassung In den 1930er-Jahren wurde beobachtet, dass bestimmte Formen der megaloblastischen Anämie in der Schwangerschaft mit Leber- und Hefeextrakten behandelt werden können. Der dafür verantwortliche Faktor wurde in den 1940er-Jahren aus Spinatblättern isoliert und in Anlehnung an das lateinische Wort für Blatt ( folium ) als Folat bezeichnet. Folat ist für den Menschen ein essenzieller Nährstoff. Die synthetische Form des Vitamins – Folsäure – wird in Nahrungsergänzungsmitteln, Arzneimitteln und angereicherten Lebensmitteln verwendet. Der gezielte Einsatz von Folsäure begann in den 1980er-Jahren, nachdem in einer Reihe von Studien beobachtet worden war, dass durch Folsäureeinnahmen vor und in der Schwangerschaft das Risiko für Neuralrohrdefekte (NRD) verringert werden kann. In der Folge wurden weltweit Empfehlungen zur perikonzeptionellen Folsäuresupplementierung gegeben und in vielen Ländern Anreicherungsprogramme gestartet. Die so erzielten Steigerungen der Folsäureaufnahme waren mit signifikanten Rückgängen der NRD-Raten verbunden. Jedoch wurde parallel dazu in den USA und Kanada ein – vorübergehender – Anstieg von Kolorektalkrebserkrankungen beobachtet. Aus tierexperimentellen und Humanstudiendaten lässt sich mittlerweile ein komplexer Zusammenhang zwischen Folat/Folsäure und Krebs ableiten: So sind Folataufnahmen in Höhe der Zufuhrempfehlungen bei gesunden Menschen im Allgemeinen mit einem geringeren Risiko für Krebserkrankungen verbunden, während unter bestimmten Bedingungen hohe Aufnahmen von Folsäure das Risiko für die Entstehung oder Progression von Krebs erhöhen können. Da Nahrungsfolat nicht mit unerwünschten Effekten assoziiert ist, steht Folsäure im Mittelpunkt des Forschungsinteresses zur Aufklärung der Ursachen für den beobachteten Zusammenhang.
ISSN:1436-9990
1437-1588
DOI:10.1007/s00103-016-2505-6