Die Rosenkreuzer als imaginäre Gesellschaft

Wilhelm Hoßbach (1784-1846) war seit 1815 Prediger am Kadettenhaus in Berlin. In intellektueller Nähe zu Friedrich Schleiermacher verfolgte er das Ziel, Frömmigkeit und Wissenschaft im Sinne der Vermittlungstheologie der Zeit zu versöhnen. Die Gründe für die verstärkte Rezeption von Person und Werk...

Ausführliche Beschreibung

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Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:Recherches germaniques 2018, p.165-173
1. Verfasser: Häfner, Ralph
Format: Artikel
Sprache:ger
Online-Zugang:Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:Wilhelm Hoßbach (1784-1846) war seit 1815 Prediger am Kadettenhaus in Berlin. In intellektueller Nähe zu Friedrich Schleiermacher verfolgte er das Ziel, Frömmigkeit und Wissenschaft im Sinne der Vermittlungstheologie der Zeit zu versöhnen. Die Gründe für die verstärkte Rezeption von Person und Werk Johann Valentin Andreaes seit dem späten 18. Jahrhundert erschließen sich im Kontext einer mehrschichtigen Motivationslage. Durch die Rosenkreuzer-Schriften – insbesondere die Fama fraternitatis und die Chymische Hochzeit – bot Andreaes Werk traditionsgeschichtlich Anknüpfungspunkte an die Freimaurerbewegung, deren Ursprung man mitunter in der geheimen Gesellschaft der Rosenkreuzer – oder was man dafür hielt – gesehen hat. Hoßbach ordnet Andreaes Chymische Hochzeit indes in den Kontext der zeitkritischen und gesellschaftssatirischen Schriften des umstrittenen Autors ein. Er ist überzeugt, dass man es bei dem Werk mit einem „Jugendroman“ zu tun habe, der bereits zwölf Jahre vor der Publikation der Fama in handschriftlicher Form verbreitet worden sei. Die lutherische Orthodoxie (Hoßbach nennt Christian Gilbert de Spaignart, Valentin Griesmann, Georg Rost und Nicolaus Hunnius) habe den satirischen Grundzug des Romans verkannt, wenn sie eine Gesellschaft verfolgte, die niemals existiert habe. Andreaes Roman sei vielmehr „ein Spiel mit den Abentheuerlichkeiten seiner Zeit, welches die Thorheit der Neugierigen habe darstellen sollen, ein Spott also über alle jene wunderlichen Erscheinungen, von denen das Jahrhundert wimmelte, über die Schulgelehrten und dünkelhaften Narren, vornehmlich aber über die Paracelsisten, Goldmacher und Schwärmer aller Art. Es ist ein Roman voll lieblicher und reizender Dichtungen, voll feiner satyrischer Züge, aber auch, nach der Weise jener Zeit, voll der seltsamsten Phantasien.“
ISSN:0399-1989
2649-860X
DOI:10.4000/rg.760