Erzählen im Zeitalter des Internets
Der folgende Beitrag analysiert am Beispiel des Romans Gut gegen Nordwind (Daniel Glattauer, 2008) und der Erzählung Ein Beitrag zur Debatte (Daniel Kehlmann, 2009) die literarische Behandlung des Internets und der gesellschaftlichen Wende, die es mit sich bringt. Gut gegen Nordwind erzählt von der...
Gespeichert in:
Veröffentlicht in: | Germanica (Lille, France) France), 2014, p.189-207 |
---|---|
1. Verfasser: | |
Format: | Artikel |
Sprache: | ger |
Online-Zugang: | Volltext |
Tags: |
Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
|
Zusammenfassung: | Der folgende Beitrag analysiert am Beispiel des Romans Gut gegen Nordwind (Daniel Glattauer, 2008) und der Erzählung Ein Beitrag zur Debatte (Daniel Kehlmann, 2009) die literarische Behandlung des Internets und der gesellschaftlichen Wende, die es mit sich bringt. Gut gegen Nordwind erzählt von der E-Mail-Beziehung zwischen Emmi und Leo, die sich verlieben, ohne sich überhaupt real zu treffen. Ein solcher E-Mail-Roman stellt Ähnlichkeiten, aber auch Unterschiede zum Genre des Briefromans dar. Durch eine performative Schrift schaffen sich die Protagonisten eine dem elektronischen Gespräch spezifische Identität, die im Gegensatz zu ihrer realen steht. Das Virtuelle ist also eine Heterotopie, deren Grenzen die Protagonisten hartnäckig verteidigen, weil die Grenzüberschreitung das Ende der Liebesbeziehung bedeuten würde. Die Erzählung Ein Beitrag zur Debatte aus dem Roman Ruhm imitiert auf überzeugende Weise eine andere Kommunikationsform: das Forumsposting. Der Erzähler wird hier als Geek charakterisiert, der süchtig nach virtuellen Foren ist. Obwohl korrekt in technischer Hinsicht, wird der Bericht des Erzählers von bestimmten stilistischen Zügen, seinem Mangel an Realitätsbezug und seiner Unvereinbarkeit mit den anderen Geschichten aus der Sammlung unterminiert. Die Erzählung ist also eine Karikatur des Geeks sowie die Parodie eines Forumspostings, welche die Ineffizienz des Mediums beweist. Man muss die Unterschiede zwischen den beiden Ansätzen betonen: Pessimismus dem Internet gegenüber bei Kehlmann, positive Sicht mit Bedenken bei Glattauer. Doch die beiden Werke, genauso wie viele zeitgenössische deutsche Publikationen, reagieren auf die gleiche paradigmatische Wende, das heißt die Notwendigkeit, gleichzeitig mit verschiedenen realen und virtuellen Welten umzugehen, welche die Digitalisierung unserer Gesellschaft offenbaren. Somit betrachten diese Bücher die Literatur als angemessenes Werkzeug, um diese Änderung zu beurteilen. |
---|---|
ISSN: | 0984-2632 2107-0784 |
DOI: | 10.4000/germanica.2702 |