Radikale Solidarität

In der aktuellen philosophischen Solidaritätsdebatte wird Solidarität meist in der systematischen Gegenüberstellung von sozialer und politischer Solidarität verstanden. Gegen diese klassische Einteilung entwickelt der Beitrag ein Verständnis radikaler Solidarität – Solidarität ist entweder eine radi...

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Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:European journal of pragmatism and American philosophy 2023-10
1. Verfasser: Faets, Simon
Format: Artikel
Sprache:ger
Online-Zugang:Volltext
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Beschreibung
Zusammenfassung:In der aktuellen philosophischen Solidaritätsdebatte wird Solidarität meist in der systematischen Gegenüberstellung von sozialer und politischer Solidarität verstanden. Gegen diese klassische Einteilung entwickelt der Beitrag ein Verständnis radikaler Solidarität – Solidarität ist entweder eine radikale politische Praxis oder sie ist gar keine Solidarität. Zu diesem Zweck wird im Anschluss an die Kritische Theorie Stephan Lessenichs und Christoph Menkes eine Kritik des Konzepts der sozialen Solidarität entfaltet: Der Begriff der sozialen Solidarität versteht unter Solidarität eine soziale Praxis unter Gleichen und Ähnlichen, in der bestehende soziale Herrschaftsstrukturen und Ausschlussmechanismen stabilisiert und verstärkt werden. Soziale Solidarität wird auf dieser Grundlage in ihrem widersprüchlichen und pathologischen Charakter herausgearbeitet. Darauf aufbauend wird dafür plädiert, Solidarität von Anfang an als radikale Praxis der Politisierung und Transformation der in modernen, kapitalistischen Gesellschaften herrschenden Machtformen und Gewaltdynamiken zu begreifen. Dies wird durch eine systematische Zusammenschau der Kritischen Theorie mit José Medinas Konzeption eines radikalen Pragmatismus geleistet, in deren Rahmen der Begriff der radikalen Solidarität vorgeschlagen wird. Im Zentrum der Idee radikaler Solidarität steht dabei die Überbrückung und gleichzeitige Bewahrung von gesellschaftlichen Differenzen: Solidarität kann als soziale Praxis stets nur zwischen Subjektpositionen radikaler Differenz verwirklicht werden. Ziel radikaler solidarischer Praktiken ist es, die Erfahrungen und Perspektiven der Ausgeschlossenen und Unterdrückten, die als radikal anders und different konstruiert werden, auf widerständige Weise hörbar und damit die radikale Pluralität gesellschaftlicher Standpunkte und Subjektivitäten sichtbar zu machen. Solidarität geht, so verstanden, notwendig von der Vulnerabilität der Subalternen und Marginalisierten aus und zielt auf die grundlegende Kritik und Veränderung des sozialen status quo.
ISSN:2036-4091