Neurotizismus und Variabilität im Affekt – Bayesian Censored Location Scale Models als Lösung der Konfundierung von Mittelwert und Variabilität

Erleben neurotische Personen negative Emotionen nicht nur verstärkt, sondern auch variabler, das heißt mit mehr Auf und Ab? Diese Frage wird in der Literatur kontrovers diskutiert, da es methodisch schwierig ist, die Auswirkungen von Neurotizismus auf den Mittelwert der Emotion von den Auswirkungen auf die Variabilität zu trennen. Konkret ist hierbei das Problem, dass die meisten Personen im Schnitt sehr wenig negative Emotionen berichten, was zu linkssteilen Verteilungen und einer Konfundierung von Mittelwert und Standardabweichung auf Personenebene führt. Bisherige gängige Ansätze zur Kontrolle dieser Konfundierung sind jedoch intransparent in Bezug auf den angenommenen Mechanismus der Datengenerierung und führen in manchen Szenarien nicht zu einer erfolgreichen Korrektur oder sogar zu neuen Artefakten. Wir schlagen daher einen alternativen Ansatz vor, der (a) berücksichtigt, dass emotionale Zustände außerhalb der Skalengrenzen auftreten können und (b) Assoziationen sowohl mit dem Mittelwert als auch mit der Variabilität von Emotionen in einem einzigen Schritt mit Hilfe von Bayesian Censored Location Scale Models modelliert. Simulationen stützen die Wahl dieses Modells gegenüber alternativen Ansätzen. Darauf aufbauend analysieren wir 13 Längsschnittdatensätze (N = 2518 Personen und 11170 Messungen) und finden eindeutige Hinweise darauf, dass neurotische Personen eine größere Variabilität in negativen Emotionen erleben.