Zentrale Orte. Transfer als "Normalisierung"

Der Beitrag beschäftigt sich mit den Rückwirkungen der internationalen Aufnahme und englischsprachigen Übersetzung des Zentrale-Orte-Modells für Raumforschung und Landesplanung in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1965 ist die Förderung von zentralen Orten ein gesetzlich kodifiziertes Ziel staatl...

Ausführliche Beschreibung

Gespeichert in:
Bibliographische Detailangaben
Veröffentlicht in:ACME an international e-journal for critical geographies 2016-01, Vol.15 (1), p.36
1. Verfasser: Kegler, Karl R
Format: Artikel
Sprache:ger
Schlagworte:
Online-Zugang:Volltext
Tags: Tag hinzufügen
Keine Tags, Fügen Sie den ersten Tag hinzu!
container_end_page
container_issue 1
container_start_page 36
container_title ACME an international e-journal for critical geographies
container_volume 15
creator Kegler, Karl R
description Der Beitrag beschäftigt sich mit den Rückwirkungen der internationalen Aufnahme und englischsprachigen Übersetzung des Zentrale-Orte-Modells für Raumforschung und Landesplanung in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1965 ist die Förderung von zentralen Orten ein gesetzlich kodifiziertes Ziel staatlicher Landesplanung in der Bundesrepublik. Für Forscher und Raumplaner in Deutschland war die internationale Aufnahme von Christallers Arbeit aus dem Jahr 1933 keine Vorbedingung für die Beschäftigung mit diesem Modell. Trotzdem hat die internationale Aufnahme der Christallerschen Zentrale-Orte-Konzeption Rückwirkungen auf die Raumplanung in der Bundesrepublik gehabt: Die internationale Akzeptanz des Zentrale-Orte-Systems diente Vertreterinnen und Vertretern der Raumplanung in Deutschland als Argument, um die Anwendung dieser Modellvorstellung in der Raumplanung des NS-Staates auszublenden. In Rekurs auf die internationale Aufnahme der Zentrale-Orte-Methodik wurde seit Mitte der 1960er Jahre behauptet, Christallers Überlegungen seien nach ihrer Erstveröffentlichung nicht verstanden, nicht rezipiert und erst über den Umweg über die angelsächsische und skandinavische Forschung in Deutschland bekannt geworden. Die Untersuchung verdeutlicht an diesem Beispiel die Bedeutung von Transfer und Übersetzung für die "Normalisierung" der Inhalte einer wissenschaftlichen Modellvorstellung im Sinne Thomas Kuhns. Deutsche Planungsexpertinnen und -experten nutzten nach Mitte der 1960er Jahre die durch die internationale Rezeption erzeugte Dekontextualisierung der Arbeit Christallers und blendeten die Entstehungs- und Anwendungskontexte des Zentrale-OrteModells vor 1945 aus. Statt einer kritischen Beschäftigung mit historischen und inhaltlichen Problemen des Modells wurde ein nachweislich falsches historisches Kontextwissen in die Welt gesetzt. Der Aufsatz spricht diesen Prozess in Fortführung Kuhns als "doppelte Normalisierung" an.
format Article
fullrecord <record><control><sourceid>proquest</sourceid><recordid>TN_cdi_proquest_journals_2076368616</recordid><sourceformat>XML</sourceformat><sourcesystem>PC</sourcesystem><sourcerecordid>2076368616</sourcerecordid><originalsourceid>FETCH-LOGICAL-p98t-6d2bde6f9a773db6d78540d1f20a9c46c07dd864902635d57b4448346506e2403</originalsourceid><addsrcrecordid>eNotjU1Lw0AQQBdBsFb_Q6hXI5OZyezuUYofhWIvOXkpm-5EWmJSd5P_b0FPD97hvSuzqNhj6S3hjbnN-QRASBUuzOOnDlMKvRa7NOlT0aQw5E5TEfpcrD7G9B36Yz5qmoev1Z257i5e7_-5NM3rS7N-L7e7t836eVuevZtKidhGlc4Haym2Eq2rGWLVIQR_YDmAjdEJe0ChOta2ZWZHLDWIIgMtzcNf9pzGn1nztD-Ncxouxz2CFRInldAvbBM7VQ</addsrcrecordid><sourcetype>Aggregation Database</sourcetype><iscdi>true</iscdi><recordtype>article</recordtype><pqid>2076368616</pqid></control><display><type>article</type><title>Zentrale Orte. Transfer als "Normalisierung"</title><source>DOAJ Directory of Open Access Journals</source><source>Elektronische Zeitschriftenbibliothek - Frei zugängliche E-Journals</source><creator>Kegler, Karl R</creator><creatorcontrib>Kegler, Karl R</creatorcontrib><description>Der Beitrag beschäftigt sich mit den Rückwirkungen der internationalen Aufnahme und englischsprachigen Übersetzung des Zentrale-Orte-Modells für Raumforschung und Landesplanung in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1965 ist die Förderung von zentralen Orten ein gesetzlich kodifiziertes Ziel staatlicher Landesplanung in der Bundesrepublik. Für Forscher und Raumplaner in Deutschland war die internationale Aufnahme von Christallers Arbeit aus dem Jahr 1933 keine Vorbedingung für die Beschäftigung mit diesem Modell. Trotzdem hat die internationale Aufnahme der Christallerschen Zentrale-Orte-Konzeption Rückwirkungen auf die Raumplanung in der Bundesrepublik gehabt: Die internationale Akzeptanz des Zentrale-Orte-Systems diente Vertreterinnen und Vertretern der Raumplanung in Deutschland als Argument, um die Anwendung dieser Modellvorstellung in der Raumplanung des NS-Staates auszublenden. In Rekurs auf die internationale Aufnahme der Zentrale-Orte-Methodik wurde seit Mitte der 1960er Jahre behauptet, Christallers Überlegungen seien nach ihrer Erstveröffentlichung nicht verstanden, nicht rezipiert und erst über den Umweg über die angelsächsische und skandinavische Forschung in Deutschland bekannt geworden. Die Untersuchung verdeutlicht an diesem Beispiel die Bedeutung von Transfer und Übersetzung für die "Normalisierung" der Inhalte einer wissenschaftlichen Modellvorstellung im Sinne Thomas Kuhns. Deutsche Planungsexpertinnen und -experten nutzten nach Mitte der 1960er Jahre die durch die internationale Rezeption erzeugte Dekontextualisierung der Arbeit Christallers und blendeten die Entstehungs- und Anwendungskontexte des Zentrale-OrteModells vor 1945 aus. Statt einer kritischen Beschäftigung mit historischen und inhaltlichen Problemen des Modells wurde ein nachweislich falsches historisches Kontextwissen in die Welt gesetzt. Der Aufsatz spricht diesen Prozess in Fortführung Kuhns als "doppelte Normalisierung" an.</description><identifier>EISSN: 1492-9732</identifier><language>ger</language><publisher>Kelowna: University of British Columbia Okanagan Campus</publisher><subject>Codification ; Experts ; Geographers ; Geography ; Nazism ; Normalization ; Planning ; Planning law ; Regional planning ; Translation</subject><ispartof>ACME an international e-journal for critical geographies, 2016-01, Vol.15 (1), p.36</ispartof><rights>Copyright University of British Columbia Okanagan Campus 2016</rights><lds50>peer_reviewed</lds50><woscitedreferencessubscribed>false</woscitedreferencessubscribed></display><links><openurl>$$Topenurl_article</openurl><openurlfulltext>$$Topenurlfull_article</openurlfulltext><thumbnail>$$Tsyndetics_thumb_exl</thumbnail><link.rule.ids>314,780,784</link.rule.ids></links><search><creatorcontrib>Kegler, Karl R</creatorcontrib><title>Zentrale Orte. Transfer als "Normalisierung"</title><title>ACME an international e-journal for critical geographies</title><description>Der Beitrag beschäftigt sich mit den Rückwirkungen der internationalen Aufnahme und englischsprachigen Übersetzung des Zentrale-Orte-Modells für Raumforschung und Landesplanung in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1965 ist die Förderung von zentralen Orten ein gesetzlich kodifiziertes Ziel staatlicher Landesplanung in der Bundesrepublik. Für Forscher und Raumplaner in Deutschland war die internationale Aufnahme von Christallers Arbeit aus dem Jahr 1933 keine Vorbedingung für die Beschäftigung mit diesem Modell. Trotzdem hat die internationale Aufnahme der Christallerschen Zentrale-Orte-Konzeption Rückwirkungen auf die Raumplanung in der Bundesrepublik gehabt: Die internationale Akzeptanz des Zentrale-Orte-Systems diente Vertreterinnen und Vertretern der Raumplanung in Deutschland als Argument, um die Anwendung dieser Modellvorstellung in der Raumplanung des NS-Staates auszublenden. In Rekurs auf die internationale Aufnahme der Zentrale-Orte-Methodik wurde seit Mitte der 1960er Jahre behauptet, Christallers Überlegungen seien nach ihrer Erstveröffentlichung nicht verstanden, nicht rezipiert und erst über den Umweg über die angelsächsische und skandinavische Forschung in Deutschland bekannt geworden. Die Untersuchung verdeutlicht an diesem Beispiel die Bedeutung von Transfer und Übersetzung für die "Normalisierung" der Inhalte einer wissenschaftlichen Modellvorstellung im Sinne Thomas Kuhns. Deutsche Planungsexpertinnen und -experten nutzten nach Mitte der 1960er Jahre die durch die internationale Rezeption erzeugte Dekontextualisierung der Arbeit Christallers und blendeten die Entstehungs- und Anwendungskontexte des Zentrale-OrteModells vor 1945 aus. Statt einer kritischen Beschäftigung mit historischen und inhaltlichen Problemen des Modells wurde ein nachweislich falsches historisches Kontextwissen in die Welt gesetzt. Der Aufsatz spricht diesen Prozess in Fortführung Kuhns als "doppelte Normalisierung" an.</description><subject>Codification</subject><subject>Experts</subject><subject>Geographers</subject><subject>Geography</subject><subject>Nazism</subject><subject>Normalization</subject><subject>Planning</subject><subject>Planning law</subject><subject>Regional planning</subject><subject>Translation</subject><issn>1492-9732</issn><fulltext>true</fulltext><rsrctype>article</rsrctype><creationdate>2016</creationdate><recordtype>article</recordtype><recordid>eNotjU1Lw0AQQBdBsFb_Q6hXI5OZyezuUYofhWIvOXkpm-5EWmJSd5P_b0FPD97hvSuzqNhj6S3hjbnN-QRASBUuzOOnDlMKvRa7NOlT0aQw5E5TEfpcrD7G9B36Yz5qmoev1Z257i5e7_-5NM3rS7N-L7e7t836eVuevZtKidhGlc4Haym2Eq2rGWLVIQR_YDmAjdEJe0ChOta2ZWZHLDWIIgMtzcNf9pzGn1nztD-Ncxouxz2CFRInldAvbBM7VQ</recordid><startdate>20160101</startdate><enddate>20160101</enddate><creator>Kegler, Karl R</creator><general>University of British Columbia Okanagan Campus</general><scope>8BJ</scope><scope>FQK</scope><scope>JBE</scope></search><sort><creationdate>20160101</creationdate><title>Zentrale Orte. Transfer als "Normalisierung"</title><author>Kegler, Karl R</author></sort><facets><frbrtype>5</frbrtype><frbrgroupid>cdi_FETCH-LOGICAL-p98t-6d2bde6f9a773db6d78540d1f20a9c46c07dd864902635d57b4448346506e2403</frbrgroupid><rsrctype>articles</rsrctype><prefilter>articles</prefilter><language>ger</language><creationdate>2016</creationdate><topic>Codification</topic><topic>Experts</topic><topic>Geographers</topic><topic>Geography</topic><topic>Nazism</topic><topic>Normalization</topic><topic>Planning</topic><topic>Planning law</topic><topic>Regional planning</topic><topic>Translation</topic><toplevel>peer_reviewed</toplevel><toplevel>online_resources</toplevel><creatorcontrib>Kegler, Karl R</creatorcontrib><collection>International Bibliography of the Social Sciences (IBSS)</collection><collection>International Bibliography of the Social Sciences</collection><collection>International Bibliography of the Social Sciences</collection><jtitle>ACME an international e-journal for critical geographies</jtitle></facets><delivery><delcategory>Remote Search Resource</delcategory><fulltext>fulltext</fulltext></delivery><addata><au>Kegler, Karl R</au><format>journal</format><genre>article</genre><ristype>JOUR</ristype><atitle>Zentrale Orte. Transfer als "Normalisierung"</atitle><jtitle>ACME an international e-journal for critical geographies</jtitle><date>2016-01-01</date><risdate>2016</risdate><volume>15</volume><issue>1</issue><spage>36</spage><pages>36-</pages><eissn>1492-9732</eissn><abstract>Der Beitrag beschäftigt sich mit den Rückwirkungen der internationalen Aufnahme und englischsprachigen Übersetzung des Zentrale-Orte-Modells für Raumforschung und Landesplanung in der Bundesrepublik Deutschland. Seit 1965 ist die Förderung von zentralen Orten ein gesetzlich kodifiziertes Ziel staatlicher Landesplanung in der Bundesrepublik. Für Forscher und Raumplaner in Deutschland war die internationale Aufnahme von Christallers Arbeit aus dem Jahr 1933 keine Vorbedingung für die Beschäftigung mit diesem Modell. Trotzdem hat die internationale Aufnahme der Christallerschen Zentrale-Orte-Konzeption Rückwirkungen auf die Raumplanung in der Bundesrepublik gehabt: Die internationale Akzeptanz des Zentrale-Orte-Systems diente Vertreterinnen und Vertretern der Raumplanung in Deutschland als Argument, um die Anwendung dieser Modellvorstellung in der Raumplanung des NS-Staates auszublenden. In Rekurs auf die internationale Aufnahme der Zentrale-Orte-Methodik wurde seit Mitte der 1960er Jahre behauptet, Christallers Überlegungen seien nach ihrer Erstveröffentlichung nicht verstanden, nicht rezipiert und erst über den Umweg über die angelsächsische und skandinavische Forschung in Deutschland bekannt geworden. Die Untersuchung verdeutlicht an diesem Beispiel die Bedeutung von Transfer und Übersetzung für die "Normalisierung" der Inhalte einer wissenschaftlichen Modellvorstellung im Sinne Thomas Kuhns. Deutsche Planungsexpertinnen und -experten nutzten nach Mitte der 1960er Jahre die durch die internationale Rezeption erzeugte Dekontextualisierung der Arbeit Christallers und blendeten die Entstehungs- und Anwendungskontexte des Zentrale-OrteModells vor 1945 aus. Statt einer kritischen Beschäftigung mit historischen und inhaltlichen Problemen des Modells wurde ein nachweislich falsches historisches Kontextwissen in die Welt gesetzt. Der Aufsatz spricht diesen Prozess in Fortführung Kuhns als "doppelte Normalisierung" an.</abstract><cop>Kelowna</cop><pub>University of British Columbia Okanagan Campus</pub></addata></record>
fulltext fulltext
identifier EISSN: 1492-9732
ispartof ACME an international e-journal for critical geographies, 2016-01, Vol.15 (1), p.36
issn 1492-9732
language ger
recordid cdi_proquest_journals_2076368616
source DOAJ Directory of Open Access Journals; Elektronische Zeitschriftenbibliothek - Frei zugängliche E-Journals
subjects Codification
Experts
Geographers
Geography
Nazism
Normalization
Planning
Planning law
Regional planning
Translation
title Zentrale Orte. Transfer als "Normalisierung"
url https://sfx.bib-bvb.de/sfx_tum?ctx_ver=Z39.88-2004&ctx_enc=info:ofi/enc:UTF-8&ctx_tim=2024-12-29T20%3A35%3A57IST&url_ver=Z39.88-2004&url_ctx_fmt=infofi/fmt:kev:mtx:ctx&rfr_id=info:sid/primo.exlibrisgroup.com:primo3-Article-proquest&rft_val_fmt=info:ofi/fmt:kev:mtx:journal&rft.genre=article&rft.atitle=Zentrale%20Orte.%20Transfer%20als%20%22Normalisierung%22&rft.jtitle=ACME%20an%20international%20e-journal%20for%20critical%20geographies&rft.au=Kegler,%20Karl%20R&rft.date=2016-01-01&rft.volume=15&rft.issue=1&rft.spage=36&rft.pages=36-&rft.eissn=1492-9732&rft_id=info:doi/&rft_dat=%3Cproquest%3E2076368616%3C/proquest%3E%3Curl%3E%3C/url%3E&disable_directlink=true&sfx.directlink=off&sfx.report_link=0&rft_id=info:oai/&rft_pqid=2076368616&rft_id=info:pmid/&rfr_iscdi=true