Die Ökonomie des neuen EU-Urheberrechts: Sieg der Plattformbetreiber oder Chance für Geschäftsmodelle der Kreativbranche?

Im März dieses Jahres hat das Europäische Parlament trotz zahlreicher Proteste ein neues Urheberrecht beschlossen. Ziel der Reform ist es zum einen, einen vereinheitlichten digitalen Binnenmarkt zu schaffen. Einheitliche Regeln sollen den EU-Unternehmen, insbesondere Start-ups, bessere Chancen eröff...

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Veröffentlicht in:Ifo schnelldienst 2019, Vol.72 (13), p.3-11
Hauptverfasser: Rusche, Christian, Scheufen, Marc, Roth, Steffen J, Peifer, Karl-Nikolaus
Format: Artikel
Sprache:eng
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Scheufen, Marc
Roth, Steffen J
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description Im März dieses Jahres hat das Europäische Parlament trotz zahlreicher Proteste ein neues Urheberrecht beschlossen. Ziel der Reform ist es zum einen, einen vereinheitlichten digitalen Binnenmarkt zu schaffen. Einheitliche Regeln sollen den EU-Unternehmen, insbesondere Start-ups, bessere Chancen eröffnen, im Wettbewerb mit den US-amerikanischen und chinesischen Internet-Giganten zu bestehen. Zum anderen soll die Reform bessere Verdienstchancen für Verleger, Autoren und Musiker schaffen. Denn die Urheber sollen am Gewinn beteiligt werden, den die Internetplattformen mit deren Werken erzielen. Artikel, Musik und Videos verbreiten wird dadurch aber erschwert. Ist das neue EU-Urheberrecht ein Durchbruch für Kreative oder ein Aufbruch ins unfreie Internet? Die EU verfolgt wünschenswerte Ziele: Sie will Urheber stärken, europaweit für Einheitlichkeit sorgen und Rechtssicherheit schaffen. Die gewählten Mittel haben jedoch nach Ansicht von Christian Rusche und Marc Scheufen, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, gravierende Nebenwirkungen wie Informationsunterdrückung durch Upload-Filter, Wettbewerbsverzerrungen und Umsatzverluste bei den Rechteinhabern. Es sei davon auszugehen, dass vor allem große Verlage und Interessengruppen von Rechteinhabern Lizenzvereinbarungen mit den Plattformen schließen, da sie und ihre zahlreichen Inhalte für die Internetplattformen attraktiv seien. Kleine Gruppen und Einzelpersonen hingegen würden vor der Wahl stehen, ungünstige Verträge anzunehmen oder die beliebten Plattformen als Marketingkanal zu verlieren. Für Steffen J. Roth, Universität zu Köln, geht es in der aktuellen Diskussion weniger um einen Streit zwischen Urhebern von »kreativen Werken« und zahlungsunwilligen Konsumenten, sondern eher um eine Auseinander­setzung »herkömmlicher« Rechteverwerter in der analogen und den mächtigen Plattformbetreibern in der digi­talen Welt. Denn die Internetfirmen verfolgen ein gänzlich anderes Geschäftsmodell als die früheren Vertreiber von kreativen Werken: Während YouTube und ähnliche Akteure die Inhalte der Produzenten zur Verfügung stellen und den Kreativen damit Einkommensmöglichkeiten erschließen, verlangen sie von den Nutzern überwiegend keine Preise. Das bereitet dem Geschäftsmodell traditioneller Verleger enorme Probleme. Karl-Nikolaus Peifer, Universität zu Köln, zeigt, dass vom juristischen Standpunkt aus betrachtet, »das neue EU-Recht die Position der Rechteinhaber und die der kreativen Inhalteerzeuger gegenüber den Rechten de
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Ziel der Reform ist es zum einen, einen vereinheitlichten digitalen Binnenmarkt zu schaffen. Einheitliche Regeln sollen den EU-Unternehmen, insbesondere Start-ups, bessere Chancen eröffnen, im Wettbewerb mit den US-amerikanischen und chinesischen Internet-Giganten zu bestehen. Zum anderen soll die Reform bessere Verdienstchancen für Verleger, Autoren und Musiker schaffen. Denn die Urheber sollen am Gewinn beteiligt werden, den die Internetplattformen mit deren Werken erzielen. Artikel, Musik und Videos verbreiten wird dadurch aber erschwert. Ist das neue EU-Urheberrecht ein Durchbruch für Kreative oder ein Aufbruch ins unfreie Internet? Die EU verfolgt wünschenswerte Ziele: Sie will Urheber stärken, europaweit für Einheitlichkeit sorgen und Rechtssicherheit schaffen. Die gewählten Mittel haben jedoch nach Ansicht von Christian Rusche und Marc Scheufen, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, gravierende Nebenwirkungen wie Informationsunterdrückung durch Upload-Filter, Wettbewerbsverzerrungen und Umsatzverluste bei den Rechteinhabern. Es sei davon auszugehen, dass vor allem große Verlage und Interessengruppen von Rechteinhabern Lizenzvereinbarungen mit den Plattformen schließen, da sie und ihre zahlreichen Inhalte für die Internetplattformen attraktiv seien. Kleine Gruppen und Einzelpersonen hingegen würden vor der Wahl stehen, ungünstige Verträge anzunehmen oder die beliebten Plattformen als Marketingkanal zu verlieren. Für Steffen J. Roth, Universität zu Köln, geht es in der aktuellen Diskussion weniger um einen Streit zwischen Urhebern von »kreativen Werken« und zahlungsunwilligen Konsumenten, sondern eher um eine Auseinander­setzung »herkömmlicher« Rechteverwerter in der analogen und den mächtigen Plattformbetreibern in der digi­talen Welt. Denn die Internetfirmen verfolgen ein gänzlich anderes Geschäftsmodell als die früheren Vertreiber von kreativen Werken: Während YouTube und ähnliche Akteure die Inhalte der Produzenten zur Verfügung stellen und den Kreativen damit Einkommensmöglichkeiten erschließen, verlangen sie von den Nutzern überwiegend keine Preise. Das bereitet dem Geschäftsmodell traditioneller Verleger enorme Probleme. Karl-Nikolaus Peifer, Universität zu Köln, zeigt, dass vom juristischen Standpunkt aus betrachtet, »das neue EU-Recht die Position der Rechteinhaber und die der kreativen Inhalteerzeuger gegenüber den Rechten der Plattformbetreiber« bevorzugt. Inwieweit durch die neue Gesetzgebung auch neue Geschäftsmodelle entstehen, hänge davon ab, ob die Internetfirmen – um ihre Portale weiterhin im bisherigen Umfang betreiben zu dürfen – Lizenzen mit den Rechteinhabern und Kreativen abschließen und sie an den Gewinnen beteiligen. 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Ziel der Reform ist es zum einen, einen vereinheitlichten digitalen Binnenmarkt zu schaffen. Einheitliche Regeln sollen den EU-Unternehmen, insbesondere Start-ups, bessere Chancen eröffnen, im Wettbewerb mit den US-amerikanischen und chinesischen Internet-Giganten zu bestehen. Zum anderen soll die Reform bessere Verdienstchancen für Verleger, Autoren und Musiker schaffen. Denn die Urheber sollen am Gewinn beteiligt werden, den die Internetplattformen mit deren Werken erzielen. Artikel, Musik und Videos verbreiten wird dadurch aber erschwert. Ist das neue EU-Urheberrecht ein Durchbruch für Kreative oder ein Aufbruch ins unfreie Internet? Die EU verfolgt wünschenswerte Ziele: Sie will Urheber stärken, europaweit für Einheitlichkeit sorgen und Rechtssicherheit schaffen. Die gewählten Mittel haben jedoch nach Ansicht von Christian Rusche und Marc Scheufen, Institut der deutschen Wirtschaft, Köln, gravierende Nebenwirkungen wie Informationsunterdrückung durch Upload-Filter, Wettbewerbsverzerrungen und Umsatzverluste bei den Rechteinhabern. Es sei davon auszugehen, dass vor allem große Verlage und Interessengruppen von Rechteinhabern Lizenzvereinbarungen mit den Plattformen schließen, da sie und ihre zahlreichen Inhalte für die Internetplattformen attraktiv seien. Kleine Gruppen und Einzelpersonen hingegen würden vor der Wahl stehen, ungünstige Verträge anzunehmen oder die beliebten Plattformen als Marketingkanal zu verlieren. Für Steffen J. Roth, Universität zu Köln, geht es in der aktuellen Diskussion weniger um einen Streit zwischen Urhebern von »kreativen Werken« und zahlungsunwilligen Konsumenten, sondern eher um eine Auseinander­setzung »herkömmlicher« Rechteverwerter in der analogen und den mächtigen Plattformbetreibern in der digi­talen Welt. Denn die Internetfirmen verfolgen ein gänzlich anderes Geschäftsmodell als die früheren Vertreiber von kreativen Werken: Während YouTube und ähnliche Akteure die Inhalte der Produzenten zur Verfügung stellen und den Kreativen damit Einkommensmöglichkeiten erschließen, verlangen sie von den Nutzern überwiegend keine Preise. Das bereitet dem Geschäftsmodell traditioneller Verleger enorme Probleme. Karl-Nikolaus Peifer, Universität zu Köln, zeigt, dass vom juristischen Standpunkt aus betrachtet, »das neue EU-Recht die Position der Rechteinhaber und die der kreativen Inhalteerzeuger gegenüber den Rechten der Plattformbetreiber« bevorzugt. Inwieweit durch die neue Gesetzgebung auch neue Geschäftsmodelle entstehen, hänge davon ab, ob die Internetfirmen – um ihre Portale weiterhin im bisherigen Umfang betreiben zu dürfen – Lizenzen mit den Rechteinhabern und Kreativen abschließen und sie an den Gewinnen beteiligen. 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