Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU: »Europäischer Mehrwert« und Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien: Diskussion um Neuausrichtung der EU-Haushaltspolitik
In der EU haben die Verhandlungen über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Periode 2021 bis 2027 begonnen. Im Vergleich zum letzten MFR werden sich die politischen Prioritäten sowie auch die zur Verfügung stehenden Mittel verschieben. Nicht nur der Austritt Großbritanniens aus der E...
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Veröffentlicht in: | Ifo schnelldienst 2018-06, Vol.71 (12), p.3-26 |
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Format: | Artikel |
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description | In der EU haben die Verhandlungen über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Periode 2021 bis 2027 begonnen. Im Vergleich zum letzten MFR werden sich die politischen Prioritäten sowie auch die zur Verfügung stehenden Mittel verschieben. Nicht nur der Austritt Großbritanniens aus der EU ab 2021 stellt eine Herausforderung dar. Auch wachsende Aufgaben der EU bei der Kontrolle der europäischen Außengrenzen, im Bereich der inneren Sicherheit und die Finanzierung von migrationsbedingten Aufgaben sind zu berücksichtigen. Ebenso soll das »Prinzip des europäischen Mehrwerts« bei der Finanzierung von Aufgaben mit EU-Geldern beachtet werden. Wie sollte das EU-Budget angesichts der Herausforderungen angepasst werden? Ist eine Kopplung von EU-Fördermitteln an Bedingungen wie die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipen oder die Bekämpfung von Korruption eine sinnvolle Neuausrichtung der EU-Haushaltspolitik? Friedrich Heinemann, ZEW Mannheim und Universität Heidelberg, bemängelt, dass die Verschiebung der Budgetstruktur in Richtung eines höheren europäischen Mehrwerts vorrangig nur durch neues Geld, nicht aber durch nennenswerte Einschnitte in die problematischen Politikfelder zu erreichen sei. Insgesamt sei die »Entscheidung über den MFR 2021–2027 auf dem besten Wege, als eine weitere verpasste Chance zur Reform der EU in die Integrationsgeschichte einzugehen«. Berthold Busch und Jürgen Matthes, IW Köln, sehen die Korrekturen der bisherigen Ausgabenschwerpunkte, die die Vorschläge der EU-Kommission zum MFR für die Jahre 2021 bis 2027 beinhalten, als Schritt in die richtige Richtung. Dieser Schritt hin zur Finanzierung von genuin öffentlichen Gütern auf europäischer Ebene hätte aber noch deutlicher ausfallen können. Stefan Lehner, Europäische Kommission, stellt die Vorschläge der Europäischen Kommission für den MFR 2021–2027 vor. Seiner Meinung nach ergibt sich aus diesen Vorschlägen ein entscheidender Durchbruch in der Struktur des EU-Haushalts: Gegen Ende der Periode wären zum ersten Mal die EU-weit verwalteten, ausschließlich auf EU-Mehrwert ausgerichteten Programme größer als die unter den Mitgliedstaaten aufgeteilten Mittel für die Gemeinsame Agrarpolitik oder für die Kohäsion. Markus Ferber, Europäisches Parlament, ist skeptischer. Die Vorschläge der Europäischen Kommission zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen seien allenfalls eine erste Diskussionsgrundlage. Grundsätzlich müsste als erstes entschieden werden, welche Aufgaben die EU zukünftig übernehm |
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Friedrich Heinemann, ZEW Mannheim und Universität Heidelberg, bemängelt, dass die Verschiebung der Budgetstruktur in Richtung eines höheren europäischen Mehrwerts vorrangig nur durch neues Geld, nicht aber durch nennenswerte Einschnitte in die problematischen Politikfelder zu erreichen sei. Insgesamt sei die »Entscheidung über den MFR 2021–2027 auf dem besten Wege, als eine weitere verpasste Chance zur Reform der EU in die Integrationsgeschichte einzugehen«. Berthold Busch und Jürgen Matthes, IW Köln, sehen die Korrekturen der bisherigen Ausgabenschwerpunkte, die die Vorschläge der EU-Kommission zum MFR für die Jahre 2021 bis 2027 beinhalten, als Schritt in die richtige Richtung. Dieser Schritt hin zur Finanzierung von genuin öffentlichen Gütern auf europäischer Ebene hätte aber noch deutlicher ausfallen können. Stefan Lehner, Europäische Kommission, stellt die Vorschläge der Europäischen Kommission für den MFR 2021–2027 vor. Seiner Meinung nach ergibt sich aus diesen Vorschlägen ein entscheidender Durchbruch in der Struktur des EU-Haushalts: Gegen Ende der Periode wären zum ersten Mal die EU-weit verwalteten, ausschließlich auf EU-Mehrwert ausgerichteten Programme größer als die unter den Mitgliedstaaten aufgeteilten Mittel für die Gemeinsame Agrarpolitik oder für die Kohäsion. Markus Ferber, Europäisches Parlament, ist skeptischer. Die Vorschläge der Europäischen Kommission zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen seien allenfalls eine erste Diskussionsgrundlage. Grundsätzlich müsste als erstes entschieden werden, welche Aufgaben die EU zukünftig übernehmen sollte und welche die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene selbständig umsetzen könnten. Erst danach könnten die Aufgaben und Programme festgelegt werden. Würde hingegen der zweite Schritt vor den ersten gesetzt, werde der neue MFR vor allem Unkosten und keinen europäischen Mehrwert generieren. Nach Ansicht von Peter Becker, Stiftung Wissenschaft und Politik, wird es bei den MFR-Verhandlungen auch darum gehen, die europäische Kohäsionspolitik insgesamt effizienter zu gestalten – unter anderem durch eine Stärkung der Konditionalität –, um mit weniger Geld einen möglichst großen europäischen Mehrwert zu erzielen, zusätzliches Wachstum zu generieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Pola Schneemelcher, Jacques Delors Institut, Berlin, sieht in dem Vorschlag einen »Nachkrisenhaushalt, der niemandem wehtut«. Weder der Umfang des MFR noch die Neugewichtungen der Ausgaben seien radikal, und die Chance, das Einnahmensystem zu reformieren, werde verpasst. Michael Thöne, Universität zu Köln, betont unter anderem, dass die Diskussion um den MFR und die weiteren Reformideen sich faktisch auf das »Eu</description><identifier>ISSN: 0018-974X</identifier><language>ger</language><publisher>München: ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München</publisher><subject>EU-Finanzbeziehungen ; EU-Haushalt ; EU-Wirtschaftspolitik ; Europäische Finanzpolitik</subject><ispartof>Ifo schnelldienst, 2018-06, Vol.71 (12), p.3-26</ispartof><oa>free_for_read</oa><woscitedreferencessubscribed>false</woscitedreferencessubscribed></display><links><openurl>$$Topenurl_article</openurl><openurlfulltext>$$Topenurlfull_article</openurlfulltext><thumbnail>$$Tsyndetics_thumb_exl</thumbnail><link.rule.ids>314,780,784</link.rule.ids></links><search><creatorcontrib>Heinemann, Friedrich</creatorcontrib><creatorcontrib>Busch, Berthold</creatorcontrib><creatorcontrib>Matthes, Jürgen</creatorcontrib><creatorcontrib>Lehner, Stefan</creatorcontrib><creatorcontrib>Ferber, Markus</creatorcontrib><creatorcontrib>Becker, Peter</creatorcontrib><creatorcontrib>Schneemelcher, Pola</creatorcontrib><creatorcontrib>Thöne, Michael</creatorcontrib><title>Verhandlungen zum Mehrjährigen Finanzrahmen der EU: »Europäischer Mehrwert« und Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipien: Diskussion um Neuausrichtung der EU-Haushaltspolitik</title><title>Ifo schnelldienst</title><description>In der EU haben die Verhandlungen über den nächsten Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) für die Periode 2021 bis 2027 begonnen. Im Vergleich zum letzten MFR werden sich die politischen Prioritäten sowie auch die zur Verfügung stehenden Mittel verschieben. Nicht nur der Austritt Großbritanniens aus der EU ab 2021 stellt eine Herausforderung dar. Auch wachsende Aufgaben der EU bei der Kontrolle der europäischen Außengrenzen, im Bereich der inneren Sicherheit und die Finanzierung von migrationsbedingten Aufgaben sind zu berücksichtigen. Ebenso soll das »Prinzip des europäischen Mehrwerts« bei der Finanzierung von Aufgaben mit EU-Geldern beachtet werden. Wie sollte das EU-Budget angesichts der Herausforderungen angepasst werden? Ist eine Kopplung von EU-Fördermitteln an Bedingungen wie die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipen oder die Bekämpfung von Korruption eine sinnvolle Neuausrichtung der EU-Haushaltspolitik? Friedrich Heinemann, ZEW Mannheim und Universität Heidelberg, bemängelt, dass die Verschiebung der Budgetstruktur in Richtung eines höheren europäischen Mehrwerts vorrangig nur durch neues Geld, nicht aber durch nennenswerte Einschnitte in die problematischen Politikfelder zu erreichen sei. Insgesamt sei die »Entscheidung über den MFR 2021–2027 auf dem besten Wege, als eine weitere verpasste Chance zur Reform der EU in die Integrationsgeschichte einzugehen«. Berthold Busch und Jürgen Matthes, IW Köln, sehen die Korrekturen der bisherigen Ausgabenschwerpunkte, die die Vorschläge der EU-Kommission zum MFR für die Jahre 2021 bis 2027 beinhalten, als Schritt in die richtige Richtung. Dieser Schritt hin zur Finanzierung von genuin öffentlichen Gütern auf europäischer Ebene hätte aber noch deutlicher ausfallen können. Stefan Lehner, Europäische Kommission, stellt die Vorschläge der Europäischen Kommission für den MFR 2021–2027 vor. Seiner Meinung nach ergibt sich aus diesen Vorschlägen ein entscheidender Durchbruch in der Struktur des EU-Haushalts: Gegen Ende der Periode wären zum ersten Mal die EU-weit verwalteten, ausschließlich auf EU-Mehrwert ausgerichteten Programme größer als die unter den Mitgliedstaaten aufgeteilten Mittel für die Gemeinsame Agrarpolitik oder für die Kohäsion. Markus Ferber, Europäisches Parlament, ist skeptischer. Die Vorschläge der Europäischen Kommission zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen seien allenfalls eine erste Diskussionsgrundlage. Grundsätzlich müsste als erstes entschieden werden, welche Aufgaben die EU zukünftig übernehmen sollte und welche die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene selbständig umsetzen könnten. Erst danach könnten die Aufgaben und Programme festgelegt werden. Würde hingegen der zweite Schritt vor den ersten gesetzt, werde der neue MFR vor allem Unkosten und keinen europäischen Mehrwert generieren. Nach Ansicht von Peter Becker, Stiftung Wissenschaft und Politik, wird es bei den MFR-Verhandlungen auch darum gehen, die europäische Kohäsionspolitik insgesamt effizienter zu gestalten – unter anderem durch eine Stärkung der Konditionalität –, um mit weniger Geld einen möglichst großen europäischen Mehrwert zu erzielen, zusätzliches Wachstum zu generieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Pola Schneemelcher, Jacques Delors Institut, Berlin, sieht in dem Vorschlag einen »Nachkrisenhaushalt, der niemandem wehtut«. Weder der Umfang des MFR noch die Neugewichtungen der Ausgaben seien radikal, und die Chance, das Einnahmensystem zu reformieren, werde verpasst. 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Im Vergleich zum letzten MFR werden sich die politischen Prioritäten sowie auch die zur Verfügung stehenden Mittel verschieben. Nicht nur der Austritt Großbritanniens aus der EU ab 2021 stellt eine Herausforderung dar. Auch wachsende Aufgaben der EU bei der Kontrolle der europäischen Außengrenzen, im Bereich der inneren Sicherheit und die Finanzierung von migrationsbedingten Aufgaben sind zu berücksichtigen. Ebenso soll das »Prinzip des europäischen Mehrwerts« bei der Finanzierung von Aufgaben mit EU-Geldern beachtet werden. Wie sollte das EU-Budget angesichts der Herausforderungen angepasst werden? Ist eine Kopplung von EU-Fördermitteln an Bedingungen wie die Einhaltung rechtsstaatlicher Prinzipen oder die Bekämpfung von Korruption eine sinnvolle Neuausrichtung der EU-Haushaltspolitik? Friedrich Heinemann, ZEW Mannheim und Universität Heidelberg, bemängelt, dass die Verschiebung der Budgetstruktur in Richtung eines höheren europäischen Mehrwerts vorrangig nur durch neues Geld, nicht aber durch nennenswerte Einschnitte in die problematischen Politikfelder zu erreichen sei. Insgesamt sei die »Entscheidung über den MFR 2021–2027 auf dem besten Wege, als eine weitere verpasste Chance zur Reform der EU in die Integrationsgeschichte einzugehen«. Berthold Busch und Jürgen Matthes, IW Köln, sehen die Korrekturen der bisherigen Ausgabenschwerpunkte, die die Vorschläge der EU-Kommission zum MFR für die Jahre 2021 bis 2027 beinhalten, als Schritt in die richtige Richtung. Dieser Schritt hin zur Finanzierung von genuin öffentlichen Gütern auf europäischer Ebene hätte aber noch deutlicher ausfallen können. Stefan Lehner, Europäische Kommission, stellt die Vorschläge der Europäischen Kommission für den MFR 2021–2027 vor. Seiner Meinung nach ergibt sich aus diesen Vorschlägen ein entscheidender Durchbruch in der Struktur des EU-Haushalts: Gegen Ende der Periode wären zum ersten Mal die EU-weit verwalteten, ausschließlich auf EU-Mehrwert ausgerichteten Programme größer als die unter den Mitgliedstaaten aufgeteilten Mittel für die Gemeinsame Agrarpolitik oder für die Kohäsion. Markus Ferber, Europäisches Parlament, ist skeptischer. Die Vorschläge der Europäischen Kommission zum neuen Mehrjährigen Finanzrahmen seien allenfalls eine erste Diskussionsgrundlage. Grundsätzlich müsste als erstes entschieden werden, welche Aufgaben die EU zukünftig übernehmen sollte und welche die Mitgliedstaaten auf nationaler Ebene selbständig umsetzen könnten. Erst danach könnten die Aufgaben und Programme festgelegt werden. Würde hingegen der zweite Schritt vor den ersten gesetzt, werde der neue MFR vor allem Unkosten und keinen europäischen Mehrwert generieren. Nach Ansicht von Peter Becker, Stiftung Wissenschaft und Politik, wird es bei den MFR-Verhandlungen auch darum gehen, die europäische Kohäsionspolitik insgesamt effizienter zu gestalten – unter anderem durch eine Stärkung der Konditionalität –, um mit weniger Geld einen möglichst großen europäischen Mehrwert zu erzielen, zusätzliches Wachstum zu generieren und neue Arbeitsplätze zu schaffen. Pola Schneemelcher, Jacques Delors Institut, Berlin, sieht in dem Vorschlag einen »Nachkrisenhaushalt, der niemandem wehtut«. Weder der Umfang des MFR noch die Neugewichtungen der Ausgaben seien radikal, und die Chance, das Einnahmensystem zu reformieren, werde verpasst. Michael Thöne, Universität zu Köln, betont unter anderem, dass die Diskussion um den MFR und die weiteren Reformideen sich faktisch auf das »Eu</abstract><cop>München</cop><pub>ifo Institut - Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung an der Universität München</pub><tpages>24</tpages><oa>free_for_read</oa></addata></record> |
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