Das Strafverfahren gegen den SS-Oberführer Erich Ehrlinger aus rechtsmedizinischer Sicht: Teil 1: Der Gesundheitszustand Ehrlingers als wiederkehrendes Thema in den Verfahrensakten

Zusammenfassung Hintergrund Rechtsmedizinischen Sachverständigen kommt in strafrechtlichen Verfahren eine komplexe Rolle, die eine große Verantwortung beinhaltet, zu. Dieser Umstand lässt sich auch anhand historischer Fälle nachzeichnen. Gleichzeitig können historische Befunde von rechtsmedizinische...

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Veröffentlicht in:Rechtsmedizin (Berlin, Germany) Germany), 2023-12, Vol.33 (6), p.445-450
Hauptverfasser: Schwarz, Clara-Sophie, Münch, Nikolai, Walz, Cleo, Germerott, Tanja
Format: Artikel
Sprache:ger
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Beschreibung
Zusammenfassung:Zusammenfassung Hintergrund Rechtsmedizinischen Sachverständigen kommt in strafrechtlichen Verfahren eine komplexe Rolle, die eine große Verantwortung beinhaltet, zu. Dieser Umstand lässt sich auch anhand historischer Fälle nachzeichnen. Gleichzeitig können historische Befunde von rechtsmedizinischer Seite betrachtet und ergänzt werden, wenn es um die Interpretation medizinischer Befunde und um die Analyse ärztlicher Gutachten geht. Fragestellung Ausgehend von dem Vorwurf des Holocaustüberlebenden Simon Wiesenthal, Mediziner hätten Kriegsverbrechern mit ihren gutachterlichen Äußerungen zu einer Art Amnestie verholfen, soll in der vorliegenden Arbeit der Fall Erich Ehrlinger, in dem der Gerichtsmediziner Berthold Mueller Gutachten zur Haft- und zur Verhandlungsfähigkeit erstattete, untersucht werden. In diesem ersten Teil des Beitrags wird das Karlsruher Strafverfahren gegen Ehrlinger rekonstruiert, mit besonderem Augenmerk auf medizinische Belange und ärztliche Einschätzungen während der Haft. Material und Methoden Nach Beantragung und Genehmigung einer Sperrfristverkürzung wurden die im Generallandesarchiv Karlsruhe vorgehaltenen Verfahrensakten eingesehen und analysiert. Ergebnisse und Diskussion Einerseits erkrankte der inhaftierte Ehrlinger zweifellos ernsthaft, andererseits brachte er immer wieder kaum objektivierbare gesundheitliche Beschwerden vor. Bei der Analyse der Verfahrensakten haben sich insgesamt Hinweise darauf ergeben, dass Ehrlinger gesundheitliche Belange taktisch einsetzte, um das Verfahren zu verzögern und letztlich seine Haftentlassung zu erreichen. Die Feststellung und Auseinandersetzung mit solchen Situationen stellen sowohl historisch als auch aktuell eine Herausforderung für medizinische Sachverständige dar.
ISSN:0937-9819
1434-5196
DOI:10.1007/s00194-023-00650-z